Forum non Conveniens

2015 (2) neuere Entwicklungen

In der Vergangenheit wurde mehrfach über die strikte Abschottung des amerikanischen Rechtssystems gegenüber ausländischen Klägern berichtet. Zusammengefasst: wenn ein Fall keine Beziehungen zu den USA hat (z. B. ausländischer Kläger und Beklagter, Flugroute ohne Beziehungen zu den USA), weisen amerikanische Gerichte ausländische Klagen ab. In diesem Zusammenhang ist wichtig, dass höhere Schadensersatzansprüche in den USA ausdrücklich kein Grund sind, dass Ausländer vor die dortigen Gerichte ziehen dürfen.

Die Kläger haben dann innerhalb einer von einem amerikanischen Gericht gesetzten Frist im Ausland zu klagen, sonst ist das Verfahren endgültig verloren. Wichtig ist in diesem Zusammenhang auch, dass die Ausschlussfrist von zwei Jahren nach Artikel 35 Montreal Convention durch eine Klageerhebung vor einem unzuständigen Gericht nicht gewahrt wird, wenn dieses Gericht sich dann für unzuständig erklärt, also auf forum non conveniens erkennt. Denn eine verjährungsunterbrechende Verweisung einer Klage von einem Staat in den anderen gibt es nicht.

In dem vergangenen Jahr hat es massive Berichte über Anwälte gegeben, die meinten, Lücken in diesem System gefunden zu haben. Eine davon war eine amerikanische Anwaltskanzlei, die nach dem Verlust des Fluges MH370 Malaysian Airlines und Boeing in den USA auf Herausgabe von Beweismitteln zu dem Verlust des Fluges verklagt hatte. Dieser mit großem publizistischen Aufwand angekündigte und zunächst begleitete Prozess endete für die klagenden Anwälte in einem Desaster: mit der unverhohlenen Kritik einer frivolen Klageerhebung wies die amerikanische Richterin die Klage sofort zurück, und die Anwälte haben jetzt wegen unethischen Verhaltens um ihre Zulassung zu fürchten. Denn es war offenkundig, dass die Klagen nur erhoben wurden, um mediale Aufmerksamkeit zu erregen und dadurch neue Mandanten zu gewinnen.

Gleichwohl hat die AAJ – American Association for Justice, die Vereinigung der amerikanischen Opferanwälte www.justice.org – auf ihrem Jahreskongress 2015 am 12.07.2015 dem Thema einen ganzen Nachmittag gewidmet. Wegen der von anderen Anwälten immer wiederholten Ankündigung, in den USA zu klagen, ist Prof. Dr. v. Jeinsen in Montreal gewesen und hat an der Diskussion mit den Experten teilgenommen.

Die Konferenz unter dem Thema „Forum Non Conveniens – Neue Entwicklungen“ ergab: es gibt keine neuen Entwicklungen.

Auch in den Jahren 2013/2014 haben amerikanische Gerichte ausländische Klagen aus diesem Grunde strickt und unisono abgewiesen. Im Gegenteil: durch das Erheben sogenannter frivoler Klagen wie der im zusammenhang mit dem Verlust MH370 hat sich die Position der amerikanischen Gerichte so verengt und verschärft, dass amerikanische Kollegen ausdrücklich von einer „feindlichen Umgebung“ sprachen, wann immer ein Anwalt für Ausländer vor amerikanischen Gerichten klagen will.

Einzige Ausnahme war ein Prozess, den – wohl gemerkt! – amerikanische Soldaten in den USA angestrengt hatten, die während des Tsunami in der Nähe des Atomkraftwerks Fukushima stationiert waren und aus diesem Grunde Tokyo Electric verklagten. Weil das Gericht den Soldaten aus verschiedenen Gründen eine Reise nach Japan nicht zumutete, hat es akzeptiert, dass diese Soldaten ausnahmsweise in den USA klagen dürften und nicht in Japan.

Aber der entscheidende Unterschied ist, dass die Kläger Amerikaner waren. Nur der Beklagte war Ausländer.

Im umgekehrten Fall war ein polnischer Staatsangehöriger auf einem Schiff der Royal Caribbean Cruises beschäftigt und wurde schwer verletzt; so schwer, dass er auf unabsehbare Zeit von seinem Krankenhaus (Fort Lauderdale) aus nicht reisen konnte und dies als Argument nahm, um Royal Carribean Cruises in den USA zu verklagen. Obwohl der Kläger schwerst verletzt war und wirklich nicht reisen konnte, wies das Gericht die Klage wegen forum non conveniens ab und meinte, der Kläger könne ja einen privaten Ambulanzflug nach Polen nehmen. Wie er das bezahlen sollte, dazu äußerte sich das Gericht nicht. Die kosten für einen Flug liegen bei über 100.000,-- €

Zusammengefasst: im Westen nichts Neues.

Zurück