Die Versprecher sind los...

"Vom Wert eines Lebens" in Focus 2015 Heft 16 S. 25

Die Versprecher sind los.... oder vom Reiz der großen Zahlen zu "Vom Wert eines Lebens" in Focus 2015 Heft 16 S. 25 Nun legen sie los, die, die alles versprechen, um am Ende fast nichts halten zu kön-nen; und das noch vor der offiziellen Trauerfeier: Warum liest von diesen Kollegen denn keiner nach, was in den USA längst entschie-den ist? Nach der Entscheidung von Judge Breyer in dem Verfahren AF447 haben auch die Angehörigen von US-amerikanischen Opfern, keine Chance "zur Millionen-Entschädigung in Übersee". Das Urteil ist an meinen Kommentar vom 07. April 2015 angehängt. Man kann auch in Deutschland angemessene Entschädigungszahlungen erreichen, wie meine Verhandlungen in Sachen Concorde, LaBelle, Bad Reichenhall und AF447 gezeigt haben. Nur geht das allein durch gute juristische Arbeit und gewiss auch harte Verhandlungen, aber nicht durch derart unqualifiziertes Trara. Wieso soll ein Strafverfahren etwas mit der Entschädigung zu tun haben, wenn die Airline sowieso unbegrenzt haftet? Vielleicht deshalb formuliert ein Kollege dann auch sybillinisch, der Streitwert belaufe sich auf Millionen von Euro. Richtig: Streitwert ist das, was ein Anwalt einklagt, nicht was er erstreitet. Und für diesen Streitwert muss der Kläger Anwalts- und Gerichtskosten zahlen, nicht von dem, was am Ende herauskommt. Das Prozesskostenrisiko bei 1 Mio. € Gegenstandswert liegt schon für die erste Instanz bei 44.000,00 €, bei 30 Mio. € Streitwert sind es schon 890.000,00 € bei den bei Focus genannten 100 Mio. € ist das Prozesskostenrisiko noch astronomischer. Streitet man bis zum Bundesgerichtshof, kann man das getrost vervierfachen. Wohlgemerkt: Prozesskostenrisiko ist dasjenige, was der verlierende Mandant zahlt, zu etwa einem Drittel an den eigenen Anwalt. Und niemand äußert sich zur Ausschlussfrist von Jahren nach Art. 3 Abs. 1 EU-Verordnung 2027/97 in Verbindung mit Art. 35 Montreal Convention, §§ 49a LuftVG und 651g BGB. Naht der Ablauf, ohne dass man sich vorher mit der Gegenseite ver-ständigt hat, muss ohne Wenn und Aber geklagt werden, um die Verjährung zu "unterbrechen". Die Rechnung zahlt erst einmal der Mandant. Ich führe gerade ein Regressverfahren gegen Kollegen, die die Fristen "verpennt" haben. Unangenehm - vor allem für die Verletzten, die bisher noch keinen Cent gesehen haben. Angesichts der Rechtslage in Deutschland, die Gerhart Baum im Stern zu Recht poli-tisch kritisiert (und zu der der interessierte Leser zwei wissenschaftliche Beiträge von mir unter "Publikationen" lesen kann), kommen solche Bemerkungen entweder von Menschen, die keine Ahnung haben; oder sie sind unverantwortliches Fischen nach Mandanten. Man kann sich fragen, was schlimmer ist. Die Leidtragenden sind die verunsicherten Familien.

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